Interview zum 70. Geburtstag von Burgschauspieler „Enrico“ Heinz Zuber
Text: Philipp Pertl
Was soll ich sagen über Heinz Zuber? Soll ich sagen? Ich sag nichts!
Berühmte Worte, die den beliebten Schauspieler, Karikaturisten, Sänger und Künstler in seiner bekanntesten Rolle als ORF-TV-Clown im Kinderfernsehen von „Das kleine Haus“, „Am dam des“ bis „Mimis Villa Schnattermund“ in circa 4.000 Sendungen zum Liebling der Nation machten. Heinz Zuber stammt aus dem deutsch-französisch-schweizerischen Dreiländereck in der Nähe von Basel. Als Deutscher geboren, wollte er bald die ganze Welt erobern und startete damit in Paris, wo er als Fremdenführer und Karikaturist am Montmartre arbeitete. Nach seiner Ausbildung in der Pantomimenschule lernte er noch Chansons und die Schauspielerei. Er begegnete Édith Piaf, Charles Aznavour oder Josephine Baker auf der Bühne und fand dann den Weg ans Reinhardt-Seminar in Wien. Die Bretter bedeuten seine Welt und die liebt er, sein Talent als Schauspieler ist unbestritten und so wurde er in Österreich heimisch, spielte auf allen Wiener Bühnen, ist seit 30 Jahren festes Mitglied des Burgtheaters und war auch viele Male in TV-Produktionen, vom „Tatort“ bis „Familienrat“, zu sehen. Und eines sei ganz klar gesagt, er war in seiner Kindheit begeisterter Pfadfinder. Heinz hat noch heute Kontakt mit seinen damaligen Pfadfinderfreunden, die mittlerweile auf der ganzen Welt verstreut leben und dank Skype kann man oft miteinander telefonieren.
Am 7. April 2011 feierte der 1941 geborene Heinz Zuber seinen 70. Geburtstag und gab Philipp Pertl ein Exklusivinterview:
Hast du gerne den Enrico gespielt, du bist ja so ein vielfältiger Schauspieler und die meisten kennen dich nur als ORF-TV-Clown?
Es hat mir einen großen Spaß gemacht, ich habe den Enrico 28 Jahre lang gemacht. Ganz am Anfang übrigens, nach zwei erfolgreichen Jahren Enrico, wollte der ORF den Enrico absetzen und das hat damals Werner Urbanek von der Kronen Zeitung mitbekommen. Er hat eine Aktion in der Zeitung gemacht „Kinder zeichnet euren Lieblingsclown“ und dann kamen tausende, zehntausende Bilder von gemalten Enricos und so wurde ich im zweiten Bestandsjahr als TV-Clown gerettet. Ein Schauspieler bekommt eine Rolle und muss diese spielen, als Enrico konnte ich meine eigenen Texte schreiben, ich habe über 800 Lieder getextet und auch die Melodien entwickelt, es war eine wunderbare Rolle für mich.
Was war das für ein schräger Akzent, mit dem du den Enrico gesprochen hast?
Ich habe zu der Zeit, als Enrico anfing, mit Giorgio Strehler am Burgtheater in „Trilogie der Sommerfrische“ zusammengearbeitet. Strehler, er war ein ganz grandioser Regisseur, hatte einen starken italienischen Akzent und diesen habe ich für die Rolle des Enrico hemmungslos übernommen. Die Lieder habe ich jedoch nicht mit Akzent gesungen, sonst wäre ich der Julio Iglesias gewesen.
Wer hat den Enrico erfunden?
Der Mann heißt Franz Josef Barta, er war ein völlig „verrückter und visionärer Mensch“. Nachdem die Sendung „Am dam des“ nicht so gut gelaufen ist, hat dieser Mann dem ORF eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen geschickt und prompt wurde er engagiert, um das Kinderprogramm zu erneuern. Er kam auf mich zu und sagte: „Hearst, willst an Clown spielen?“ Und so fing das an, da war ich zuerst gar nicht glücklich darüber jeden Samstag am Nachmittag für eine halbe Stunde einen Clown zu spielen, aber dann kam sogar ein Burgtheaterkollege, Bruno Thost, auf mich zu und sagte: „Mensch, das ist ja toll, was du da machst. Der Clown, das ist deine beste Rolle!“ So wurde mir bewusst, dass das wirklich eine Rolle ist und so fing alles an. Und dieser F.J. Barta hat auch den Namen „Enrico Emmanuel Theobaldissimus Fillissi Maximo“ erfunden.
Wie war die Zeit in Paris und anschließend in Wien für dich?
Es war wunderbar in Paris, ich habe so gerne die Zeit dort verbracht. Die Stadt ist erotisch und spannend. Ich kam dann nach Wien an das Reinhardt-Seminar, wir hatten eine tolle Zeit und die besten Lehrer. Meine Lehrer waren die Susi Nicoletti, die Vilma Degischer und der Otto Schenk war bereits junger Lehrer dort.
Welche Künstler und Menschen haben dich beeindruckt und beeinflusst?
Édith Piaf habe ich zweimal live auf der Bühne gesehen, sie war auf der Bühne eine Göttin. Charles Aznavour hat mich beeindruckt und ich mache ihn immer nach. Jacques Brel war der Größte und Josephine Baker war genial.
Welche waren deine schönsten Rollen?
Meine schönste Arbeit war mit George Tabori „Mein Kampf“, ich war der Himmler, es war keine große Rolle. Der Himmler hatte in Wirklichkeit eine Hühnerfarm und so hatte ich ein Huhn auf der Bühne und Tabori sagte: „Du bist ein Clown, mach was du willst, mach eine Mahlzeit aus diesem Huhn.“ Und ich habe das Kochbuch meiner Großmutter genommen, Prato „Süddeutsche Küche“, und das fängt an, wie man einem Huhn die Gurgel durchschneidet, man nimmt es am Kopf, schneidet es durch und so weiter. Genauso habe ich es gemacht und in allen Kulturkritiken war das der Höhepunkt des Stückes. Und derzeit arbeite ich wahnsinnig gerne mit dem Bobby Herzl in Baden zusammen, weil er ein toller Regisseur ist und man kann so unglaublich kreativ dabei sein.
Hast du als Kind schon immer gewusst, dass du Schauspieler werden willst?
Ich habe offensichtlich gespielt, vor dem Spiegel habe ich mir selber Fernsehen vorgespielt und vor dem Spiegel habe ich mich verkleidet, Figuren gespielt, Hüte aufgesetzt und einfach Spaß daran gehabt.
Heinz, du bist gebürtiger Deutscher und seit Jahrzehnten Österreicher. Was zeichnet einen Österreicher mit deutschen Wurzeln aus?
Die Art und Weise ein und dieselben Dinge anders auszudrücken. Der Deutsche ist direkter und vielleicht dadurch härter im Umgang, aber der Österreicher gibt dir das Gefühl, dass du genau recht hast und er meint eigentlich genau das Gegenteil. Das habe ich mir doch sehr stark angeeignet. Und ich liebe Österreich, ich lebe gerne hier.
Wie bist du zu den Pfadfindern gekommen?
Als Einzelkind war für mich die Pfadfinderei die beste Sache. Zuerst war ich bei der Jungschar, aber als Pfadfinder habe ich mich viel wohler gefühlt.
Ich war bei den katholischen Pfadfindern, da gab es Menschen, die uns missionieren wollten, und das war mir dann nicht sehr sympathisch, obwohl mir die Pfadfinderei gefallen hat. Gott steht für mich außer Frage und existiert, aber jeder sollte seinen Glauben finden können und nicht nur eine Religion akzeptieren.
Was hast du damals mit den Pfadfindern unternommen?
Das waren Nachtwanderungen, Pfadfinderlager, Ausflüge und alles in einer tollen Gemeinschaft. Mit vielen Pfadfinderfreunden von damals habe ich heute noch Kontakt, viele leben in der ganzen Welt verstreut und so skypen wir eben.
Im Jahr 2007 hattest du einen Auftritt bei der Scoutworld der Wiener PfadfinderInnen zum 100-Jahr-Jubiläum, erinnerst du dich noch daran?
Es hat mir einen großen Spaß gemacht dort dabei gewesen zu sein. Dass mich so viele Kinder nicht mehr gekannt haben, das hat mich doch überrascht und nachdenklich gemacht. Es geht eben vorbei.
Ich erwähne übrigens diesen Auftritt vor tausenden Kindern und Jugendlichen immer wieder. Wenn ein Interview ist und ich nach wesentlichen Auftritten der letzten Jahre gefragt werde, dann erwähne ich die Salzburger Festspiele und den Pfadfinderauftritt am Rathausplatz immer.
Word-Rap
Theaterrolle – das ist eine Locke, die man links und rechts übers Ohr gibt
Kinder – Kinder sind das Wichtigste in das man investieren muss
Spiegel – man macht immer ein Spiegelgesicht
Pfadfinderhalstuch – das Halstuch ist was Tolles
Schminke – Schminke ist eine tolle Sache, weil der Clown kann sich hinter der Schminke verstecken
Lagerfeuer – Klampfen und Lagerfeuer hat was
Natur – jeden Tag ab in die Natur, ich habe einen Hund und da bin ich oft Stunden unterwegs
Was ich unbedingt noch sagen wollte – Was soll ich sagen? Ich sag nichts!
Fotoimpressionen
Fotocredit: Philipp Pertl, PPÖ, ORF/Heinz Zuber